Sendschreiben

»Mein altes Evangelium …«

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Art des Textes
Gedicht
Titel (normiert, vorläufig)
Sendschreiben
Gedichtanfang (normiert, vorläufig)
»Mein altes Evangelium …«
Quelle der vorläufigen Titeldaten
WA I 2, 190 f.
Kennung in der Forschungsdatenbank so:fie
90448
Kennung in der Gemeinsamen Normdatei
1201681243

Historisch überlieferte Fassungen

III.

Synoptische Ansicht nicht verfügbar

Mein altes Evangelium
Bring ich dir hier ſchon wieder,
Doch iſt mir’s wohl um mich herum,
Darum ſchreib ich dirs nieder.
Ich holte Gold, ich holte Wein,
Stellt alles da zuſammen;
Da dacht ich da wird Wärme ſeyn,
Geht mein Gemäld in Flammen!
Auch thät ich bey der Schätze Flor
Viel Glut und Reichthum ſchwärmen;
Doch Menſchenfleiſch geht allem vor
Um ſich daran zu wärmen.
Und wer nicht richtet, ſondern fleißig iſt,
Wie ich bin und wie du biſt,
Den belohnet auch die Arbeit mit Genuß,
Nichts wird in der Welt ihm Ueberdruß.
Denn er blöcket nicht mit ſtumpfem Zahn
Lang Geſottnes und Gebratnes an,
Das er, wenn er noch ſo ſittlich kaut,
Endlich doch nicht ſonderlich verdaut;
Sondern faßt ein tüchtig Schinkenbein
Haut da gut taglöhnermäßig drein,
Füllt bis oben gierig den Pokal,
Trinkt, und wiſcht das Maul wohl nicht einmal.
Sieh ſo iſt Natur ein Buch lebendig,
Unverſtanden doch nicht unverſtändlich.
Denn dein Herz hat viel und gros Begehr
Was wohl in der Welt für Freude wär,
Allen Sonnenſchein und alle Bäume,
Alles Meergeſtad und alle Träume,
In dein Herz zu ſammeln mit einander,
Wie die Welt durchwühlend Banks, Solander!
Und wie muß dir’s werden, wenn du fühleſt,
Daß du alles in dir ſelbſt erzieleſt?
Freude haſt an deiner Frau und Hunden,
Als wohl keiner in Elyſium gefunden,
Als er da mit Schatten lieblich ſchweifte,
Und an goldnen Gottgeſtalten ſtreifte.
Nicht in Rom, in Magna Gräcia,
Dir im Herzen iſt die Wonne da!
Wer mit ſeiner Mutter der Natur ſich hält,
Findt im Stengelglas wohl eine Welt.
🚧

Sendſchreiben.

Synoptische Ansicht nicht verfügbar

Mein altes Evangelium
Bring’ ich dir hier ſchon wieder;
Doch iſt mir’s wohl um mich herum,
Darum ſchreib’ ich dir’s nieder.
Ich hohlte Gold, ich hohlte Wein,
Stellt’ alles da zuſammen.
Da, dacht’ ich, da wird Wärme ſeyn,
Geht mein Gemähld’ in Flammen!
Auch thät’ ich bey der Schätze Flor
Viel Glut und Reichthum ſchwärmen;
Doch Menſchenfleiſch geht allem vor,
Um ſich daran zu wärmen.
Und wer nicht richtet, ſondern fleißig iſt,
Wie ich bin und wie du biſt,
Den belohnt auch die Arbeit mit Genuß;
Nichts wird auf der Welt ihm Ueberdruß.
Denn er blecket nicht mit ſtumpfem Zahn
Lang’ Geſott’nes und Gebrat’nes an,
Das er, wenn er noch ſo ſittlich kaut,
Endlich doch nicht ſonderlich verdaut;
Sondern faßt ein tüchtig Schinkenbein,
Haut da gut taglöhnermäßig drein,
Füllt bis oben gierig den Pokal,
Trinkt, und wiſcht das Maul wohl nicht einmal.
Sieh, ſo iſt Natur ein Buch lebendig,
Unverſtanden, doch nicht unverſtändlich:
Denn dein Herz hat viel und groß Begehr,
Was wohl in der Welt für Freude wär’,
Allen Sonnenſchein und alle Bäume,
Alles Meergeſtad’ und alle Träume,
In dein Herz zu ſammeln mit einander,
Wie die Welt durchwühlend Banks, Solander.
Und wie muß dir’s werden, wenn du fühleſt,
Daß du alles in dir ſelbſt erzieleſt.
Freude haſt an deiner Frau und Hunden,
Als noch keiner in Elyſium gefunden,
Als er da mit Schatten lieblich ſchweifte
Und an goldne Gottgeſtalten ſtreifte.
Nicht in Rom, in Magna Gräcia;
Dir im Herzen iſt die Wonne da!
Wer mit ſeiner Mutter, der Natur, ſich hält,
Find’t im Stengelglas wohl eine Welt.

III.

Synoptische Ansicht nicht verfügbar

Mein altes Evangelium
Bring ich dir hier ſchon wieder,
Doch iſt mirs wohl um mich herum,
Darum ſchreib ich dirs nieder.
Ich holte Gold, ich holte Wein,
Stellt alles da zuſammen;
Da dacht ich da wird Wärme ſeyn,
Geht mein Gemäld in Flammen!
Auch thät ich bey der Schäze Flor
Viel Glut und Reichthum ſchwärmen;
Doch Menſchenfleiſch geht allem vor
Um ſich daran zu wärmen.
Und wer nicht richtet, ſondern fleißig iſt,
Wie ich bin und wie du biſt,
Den belohnet auch die Arbeit mit Genuß,
Nichts wird in der Welt ihm Ueberdruß.
Denn er blöcket nicht mit ſtumpfem Zahn
Lang Geſottnes und Gebratnes an,
Das er, wenn er noch ſo ſittlich kaut,
Endlich doch nicht ſonderlich verdaut;
Sondern faßt ein tüchtig Schinkenbein
Haut da gut taglöhnermäßig drein,
Füllt bis oben gierig den Pokal,
Trinkt, und wiſcht das Maul wohl nicht einmal.
Sieh ſo iſt Natur ein Buch lebendig,
Unverſtanden doch nicht unverſtändlich.
Denn dein Herz hat viel und groß Begehr
Was wohl in der Welt für Freude wär,
Allen Sonnenſchein und alle Bäume,
Alles Meergeſtad nnd alle Träume,
In dein Herz zu ſammeln mit einander,
Wie die Welt durchwühlend Banks, Solander!
Und wie muß dir’s werden, wenn du fühleſt,
Daß du alles in dir ſelbſt erzieleſt?
Freude haſt an deiner Frau und Hunden,
Als wohl keiner in Elyſium gefunden,
Als er da mit Schatten lieblich ſchweifte,
Und an goldnen Gottgeſtalten ſtreifte.
Nicht in Rom, in Magna Gräcia,
Dir im Herzen iſt die Wonne da!
Wer mit ſeiner Mutter der Natur ſich hält,
Findt im Stengelglas wohl eine Welt.

Handschriften und Drucke

Sigle Titel Überlieferungsform
🚧 Hagen-Nr. 544/549 Neuer Versuch über die Sc … Druck
🚧 H.115c 🚧 🚧
🚧 GSA 30/394 🚧 🚧
🚧 s.3 J. W. Goethens Schriften … Druck

Kontexte

Relation Bezugsentität Quelle
verfasst von Johann Wolfgang Goethe H.115c, GSA 30/394 , Hagen-Nr. 544/549, s.3
überliefert in 2 Handschriften H.115c, GSA 30/394
überliefert in 2 Drucken Hagen-Nr. 544/549, s.3
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung An Zachariä GSA 30/394
Nächster Nachbar in der Überlieferung Guter Rath Hagen-Nr. 544/549, s.3
Nächster Nachbar in der Überlieferung Künstlers Abendlied H.115c
Nächster Nachbar in der Überlieferung Autoren GSA 30/394