Auf Miedings Tod

»Welch ein Getümmel …«

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Auf Miedings Tod
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»Welch ein Getümmel …«
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WA I 16,131
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96406

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Auf Miedings Tod

Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?

Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?

Von hohlen Bretern tönt des Hammers Schlag,

Der Sonntag feiert nicht, die Nacht wird Tag.

Was die Erfindung still und zart ersann,

Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.

Ich sehe Hauenschild gedankenvoll;

Ist’s Türk’, ist’s Heide, den er kleiden soll?

Und Schumann, froh, als wär’ er schon bezahlt,

Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt.

Ich sehe Thielens leicht bewegten Schritt,

Der lust’ger wird, jemehr er euch verschnitt.

Der Jude Elkan läuft mit manchem Rest,

Und diese Gährung deutet auf ein Fest.

Allein, wie viele hab’ ich hererzählt,

Und nenn’ Ihn nicht, den Mann, der nie gefehlt,

Der sinnreich schnell, mit schmerzbeladner Brust,

Den Lattenbau zu fügen wohl gewußt,

Das Bretgerüst, das, nicht von ihm belebt,

Wie ein Scelett an todten Drähten schwebt.

Wo ist er? sagt! – Ihm war die Kunst so lieb,

Daß Kolik nicht, nicht Husten ihn vertrieb.

„Er liegt so krank, so schlimm es nie noch war!“

Ach Freunde! Weh! Ich fühle die Gefahr;

Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,

Er ist nicht krank, nein, Kinder, er ist todt!

Wie? Mieding todt? erschallt bis unter’s Dach

Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!

Die Arbeit stockt, die Hand wird jedem schwer,

Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nicht mehr;

Ein jeder steht betäubt an seinem Ort,

Und nur der Mittwoch treibt die Arbeit fort.

Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein

Nicht undankbar wie manchen andern ein!

Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,

Klagt jedem Bürger, der gelebt wie er,

Und laßt am Rand des Grabes, wo wir stehn,

Die Schmerzen in Betrachtung übergehn.

Und du, o Muse, rufe weit und laut

Den Namen aus, der heut uns still erbaut!

Wie manchen, werth und unwerth, hielt mit Glück

Die sanfte Hand von ew’ger Nacht zurück!

O laß auch Miedings Namen nicht vergehn!

Laß ihn stets neu am Horizonte stehn!

Nenn’ ihn der Welt, die krieg’risch oder fein,

Dem Schicksal dient, und glaubt ihr Herr zu seyn,

Dem Rath der Zeit vergebens widersteht,

Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;

Wo jeder, mit sich selbst genug geplagt,

So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,

Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt,

Und Glück und Übel mit dem Fremden theilt.

Verkünde laut und sag’ es überall:

Wo Einer fiel, seh’ jeder seinen Fall!

Du, Staatsmann, tritt herbey! Hier liegt der Mann,

Der, so wie du, ein schwer Geschäft begann;

Mit Lust zum Werke mehr, als zum Gewinn,

Schob er ein leicht Gerüst mit leichtem Sinn,

Den Wunderbau, der äußerlich entzückt,

Indeß der Zaubrer sich im Winkel drückt.

Er war’s, der säumend manchen Tag verlor,

So sehr ihn Autor und Acteur beschwor;

Und dann zuletzt, wenn es zum Treffen ging,

Des Stückes Glück an schwache Fäden hing.

Wie oft trat nicht die Herrschaft schon herein!

Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein,

Daß er noch kletterte, die Stangen trug,

Die Seile zog und manchen Nagel schlug.

Oft glückt’s ihm; kühn betrog er die Gefahr;

Doch auch ein Bock macht’ ihm kein graues Haar.

Wer preis’t genug des Mannes kluge Hand,

Wenn er aus Draht elast’sche Federn wand,

Vielfält’ge Pappen auf die Lättchen schlug,

Die Rolle fügte, die den Wagen trug;

Von Zindel, Blech, gefärbt Papier und Glas,

Dem Ausgang lächelnd, rings umgeben saß.

So treu dem unermüdlichen Beruf,

War Er’s, der Held und Schäfer leicht erschuf.

Was alles zarte, schöne Seelen rührt,

Ward treu von ihm, nachahmend, ausgeführt:

Des Rasens Grün, des Wassers Silberfall,

Der Vögel Sang, des Donners lauter Knall,

Der Laube Schatten und des Mondes Licht –

Ja selbst ein Ungeheur erschreckt’ ihn nicht.

Wie die Natur manch widerwärt’ge Kraft

Verbindend zwingt, und streitend Körper schafft:

So zwang er jedes Handwerk, jeden Fleiß;

Des Dichters Welt entstand auf sein Geheiß;

Und, so verdient, gewährt die Muse nur

Den Namen ihm – Director der Natur *) *) S. 4. Band, S. 130..

Wer faßt nach ihm, voll Kühnheit und Verstand,

Die vielen Zügel mit der Einen Hand?

Hier, wo sich jeder seines Weges treibt,

Wo ein Factotum unentbehrlich bleibt;

Wo selbst der Dichter, heimlich voll Verdruß,

Im Fall der Noth die Lichter putzen muß.

O sorget nicht! Gar viele regt sein Tod!

Sein Witz ist nicht zu erben, doch sein Brot;

Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann:

Verdien’ ich’s nicht, wenn ich’s nur essen kann.

Was stutzt ihr? Seht den schlecht verzierten Sarg,

Auch das Gefolg scheint euch gering und karg;

Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,

So wirksam war, muß reich gestorben seyn!

Warum versagt man ihm den Trauerglanz,

Den äußern Anstand letzter Ehre ganz?

Nicht so geschwind! Das Glück macht alles gleich,

Den Faulen und den Thät’gen – arm und reich.

Zum Gütersammeln war er nicht der Mann;

Der Tag verzehrte, was der Tag gewann.

Bedauert ihn, der, schaffend bis an’s Grab,

Was künstlich war, und nicht was Vortheil gab,

In Hoffnung täglich weniger erwarb,

Vertröstet lebte, und vertröstet starb.

Nun laßt die Glocken tönen, und zuletzt

Werd’ er mit lauter Trauer beygesetzt!

Wer ist’s, der ihm ein Lob zu Grabe bringt,

Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?

Ihr Schwestern, die ihr, bald auf Thespis Karrn,

Geschleppt von Eseln und umschrien von Narr’n,

Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,

Von Dorf zu Dorf, euch feil zu biethen, fahrt;

Bald wieder durch der Menschen Gunst beglückt,

In Herrlichkeit der Welt die Welt entzückt;

Die Mädchen eurer Art sind selten karg,

Kommt, gebt die schönsten Kränze diesem Sarg;

Vereinet hier, theilnehmend, euer Leid,

Zahlt, was ihr Ihm, was ihr uns schuldig seyd!

Als euern Tempel grause Glut verheert,

Ward ihr von uns drum weniger geehrt?

Wie viel Altäre stiegen vor euch auf!

Wie manches Rauchwerk brachte man euch drauf!

An wie viel Plätzen lag, vor euch gebückt,

Ein schwer befriedigt Publicum entzückt!

In engen Hütten und im reichen Saal,

Auf Höhen Ettersburgs, in Tiefurts Thal,

Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht,

Und unter dem Gewölb’ der hohen Nacht,

Erscheint ihr, die ihr vielgestaltet seyd,

Im Reitrock bald und bald im Gallakleid.

Auch das Gefolg, das um euch sich ergießt,

Dem der Geschmack die Thüren ekel schließt,

Das leichte, tolle, scheckige Geschlecht,

Es kam zu Hauf, und immer kam es recht.

An weiße Wand bringt dort der Zauberstab

Ein Schattenvolk aus mytholog’schem Grab.

Im Possenspiel regt sich die alte Zeit,

Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.

Was Gallier und Britte sich erdacht,

Ward, wohlverdeutscht, hier Deutschen vorgebracht;

Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,

Dem armen Dialog – Gesang und Tanz.

Des Karnavals zerstreuter Flitterwelt

Ward sinnreich Spiel und Handlung zugesellt.

Dramatisch selbst erschienen hergesandt

Drey Könige aus fernem Morgenland;

Und sittsam bracht’ auf reinlichem Altar

Dianens Priesterinn ihr Opfer dar.

Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!

Gebt uns ein Zeichen! denn ihr seyd nicht weit.

Ihr Freunde, Platz! Weicht einen kleinen Schritt!

Seht wer da kommt und festlich näher tritt?

Sie ist es selbst; die Gute fehlt uns nie;

Wir sind erhört, die Musen senden sie.

Ihr kennt sie wohl; sie ist’s, die stets gefällt;

Als eine Blume zeigt sie sich der Welt:

Zum Muster wuchs das schöne Bild empor,

Vollendet nun, sie ist’s und stellt es vor.

Es gönnten ihr die Musen jede Gunst,

Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.

So häuft sie willig jeden Reitz auf sich,

Und selbst dein Name ziert, Corona, dich.

Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!

Nur absichtslos, doch wie mit Absicht schön.

Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint,

Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.

Anständig führt die leis erhobne Hand

Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband.

Der Rose frohes, volles Angesicht,

Das treue Veilchen, der Narcisse Licht,

Vielfält’ger Nelken, eitler Tulpen Pracht,

Von Mädchen-Hand geschickt hervorgebracht,

Durchschlungen von der Myrte sanfter Zier,

Vereint die Kunst zum Trauerschmucke hier;

Und durch den schwarzen, leichtgeknüpften Flor

Sticht eine Lorbeerspitze still hervor.

Es schweigt das Volk. Mit Augen voller Glanz,

Wirft sie in’s Grab den wohlverdienten Kranz.

Sie öffnet ihren Mund, und lieblich fließt

Der weiche Ton, der sich um’s Herz ergießt.

Sie spricht: Den Dank für das, was du gethan,

Geduldet, nimm, du Abgeschiedner, an!

Der Gute, wie der Böse, müht sich viel,

Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.

Dir gab ein Gott in holder, steter Kraft

Zu deiner Kunst die ew’ge Leidenschaft.

Sie war’s, die dich zur bösen Zeit erhielt,

Mit der du krank, als wie ein Kind gespielt,

Die auf den blassen Mund ein Lächeln rief,

In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!

Ein jeder, dem Natur ein gleiches gab,

Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!

Fest steh’ dein Sarg in wohlgegönnter Ruh,

Mit lockrer Erde deckt ihn leise zu,

Und sanfter als des Lebens, liege dann

Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!

Historisch überlieferte Fassungen

Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?
Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?
Von hohlen Bretern tönt des Hammers Schlag,
Den Sonntag feyert nicht, die Nacht wird Tag.
Was die Erfindung still und zart ersann
Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.
Ich sehe Hauenschild gedankenvoll,
Ist's Türk; ist's Heide den er kleiden soll?
Und Schumann, froh, als war' er schon bezahlt,
Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt:
Ich sehe Thielens leicht bewegten Schritt,
Der lust'ger wird in mehr er euch verschnitt:
Der Jude Elkan läuft mit manchem Rest;
Und diese Gährung deutet auf ein Fest.
Allein, wie viele hab ich hererzählt,
Und nenn' Ihn nicht, den Mann der nie gefehlt,
Der sinnreich schnell, mit schmerzbeladner Brust,
Den Lattenbau zu steigen wohl gewußt,
Das Bretgerüst, das, nicht von ihm belebt,
Wie ein Skelett an todten Dräten schwebt.
Wo ist er? sagt! ihm war die Kunst so lieb
Daß Kolik nicht, nicht Husten ihn vertrieb?
Er liegt so krank, so schlimm es nie noch war!
Ach Freunde! Weh! ich fühle die Gefahr.
Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,
Er ist nicht krank, nein, Kinder, er ist todt!
Wie Mieding todt? erschallt biß unter's Dach
Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!
Die Arbeit stokt, die Hand wird indem schwer,
Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nicht mehr,
Ein Jeder steht betäubt an seinem Ort,
Und nur der Mittwoch treibt die Arbeit fort.
Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar, woe manchen andern, ein
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt ieden Bürger der gelebt wie er,
Und laßt am Rand des Grabes, wo wir stehn,
Die Schmerzen in Betrachtung übergehn.
O Weimar! dir fiel ein besonder Loos!
Wie Bethlehem in Juda, klein und groos.
Bald wegen Geist und Wiz beruft dich weit
Europas Mund, bald wegen Albernheit.
Der stille Weise schaut und sieht geschwind
Wie zwey Extreme nah verschwistert sind.
Eröffne du, die du besonder Luft
Am Guten hast, der Rührung deine Brust.
Und du, o Muse rufe weit und laut
Den Nahmen aus, der heut uns still erbaut.
Wie manchen werth und unwerth, hielt mit Glück
Die sanfte Hand von ew'ger Nacht zurück.
O laß auch Miedings Nahmen nicht vergehn!
Laß ihn stets neu am Horizonte stehn!
Nenn ihn der Welt, die kriegreich oder fein,
Dem Schiksaal dient und glaubt ihr Herr zu seyn,
Dem Rad der Zeit vergebens widersteht,
Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;
Wo ieder, mit sich selbst genug geplagt,
So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,
Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt
Und Glück und Übel mit dem Fremden theilt.
Verkünde laut und sag' es überall,
Wo Einer fiel, seh Ieder seinen Fall.
Du Staatsmann, tritt herbey! hier liegt der Mann
Der, so wie du, ein schwer Geschäft begann.
Mit Lust zum Werke mehr, als zum Gewinn,
Schob er ein leicht Gerüst mit leichtem Sinn,
Den Wunderbau, der äußerlich entzükt,
Indeß der Zauberer sich im Winkel drükt.
Er war's, der säumend manchen Tag verlohr
So sehr ihn Autor und Akteur beschwor;
Und dann zulezt, wann es zum Treffen ging,
Des Stükes Glük an schwache Fäden hing.
Wie oft trat nicht die Herrschaft schon herein!
Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein,
Daß er noch kletterte, die Stangen trug,
Die Seile zog, und manchen Nagel schlug!
Oft glückt's ihm, kühn betrog er die Gefahr,
Doch auch ein Bok macht ihm kein graues Haar.
Wer preißt genug des Mannes kluge Hand,
Wenn er aus Drat elastsche Federn wand,
Vielfalt'ge Pappen auf die Lättgen schlug,
Die Rolle fügte die den Wagen trug,
Mit Zindel, Blech, gefärbt Papier und Glas,
Dem Ausgang lächelnd, rings umgeben sas.
So, treu dem unermüdlichen Beruf,
War Er's der Held und Schäfer leicht erschuf.
Was alles zarte, schöne Seelen rührt,
Ward treu von ihm, nachahmend, ausgeführt;
Des Rasens Grün, des Waßers Silberfall,
Der Vogel Sang, des Donners lauter Knall
Der Laube Schatten und des Mondes Licht;
Ja selbst ein Ungeheur erschrekt ihn nicht.
Wie die Natur manch' widerwärt'ge Kraft
Verbindend zwingt, und streitend Körper schafft,
So zwang er iedes Handwerk, ieden Fleis.
Des Dichters Welt entstand auf sein Geheis.
Und, so verdient, gewährt die Muse nur
Den Nahmen ihm - Direktor der Natur.
Wer faßt nach ihm; voll Kühnheit und Verstand
Die vielen Zügel mit der Einen Hand?
Hier, wo sich ieder seines Weeges treibt,
Wo ein Faktotum unentbehrlich bleibt,
Wo selbst der Dichter, sinnlich voll Verdruß,
Im Fall der Noth die Lichter puzen muß.
O sorget nicht! gar viele regt sein Tod!
Sein Wiz ist nicht zu erben, doch sein Brod;
Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann:
Verdien' ich's nicht, wenn ich's nur eßen kann.
Was stuzt ihr? seht den schlecht verzierten Sarg?
Auch das Gefolg scheint euch gering und karg;
Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,
So wirksam war, muß reich gestorben seyn!
Warum versagt man ihm den Trauerglanz,
Den äußern Anstand lezter Ehre, ganz?
Nicht so geschwind! Das Glück macht alles gleich,
Den Faulen und den Thät'gen - arm und reich.
Zum Gütersammeln war er nicht der Mann,
Der Tag verzehrte wie der Tag gewann.
Bedauret ihn, der, scharf und biß an's Grab
Was künstlich war und nicht was Vortheil gab,
In Hofnung täglich weniger erwarb,
Vertröstet lebte und verströstet starb.
Nun laßt die Gloken tönen und zulezt
Werd er mit lauter Trauer beygesezt!
Wer ist's, der ihm ein Lob zu Grabe bringt,
Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?
Ihr Schwestern, die ihr, bald auch Thespis Karn,
Geschleppt von Eseln und umschrien von Narr'n,
Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,
Von Dorf zu Dorf, euch feil zu bieten fahrt;
Bald wieder, durch der Menschen Gunst beglükt,
In Herrlichkeit der Welt die Welt entzückt;
Die Mädgen eurer Art sind selten karg,
Kommt, gebt die schönsten Kränze diesem Sarg.
Beweinet hier, theilnehmend, euer Leid,
Zahlt was ihr Ihm, was ihr Uns schuldig seyd.
Als euren Tempel grauhe Glut verherrt,
Ward ihr von uns drum weniger geehrt?
Wie viel Altäre stiegen vor euch auf!
Wie manches Rauchwerk brachte man euch drauf!
An wie viel Pläzen lag vor euch gebükt
Ein schweerbefriedigt Publikum entzückt!
In engen Hütten und im reichen Saal,
Auf Höhen Etterburgs, in Tiefurts Thal,
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht,
Und unter dem Gewölb' der hohen Nacht
Erscheint ihr, die ihr vielgestaltet seyd,
Im Reitrok bald und bald im Gallakleid.
Auch das Gefolg, das um euch sich ergiest,
Dem der Geschmak die Thüren ekel schließt,
Das leichte, tolle, schekige Geschlecht,
Es kam zu Haus, und immer kam es nacht.
An weise Wand bringt dort der Zauberstab
Ein Schattenvolk aus mytholog'schem Grab.
Im Possenspiel regt sich die alte Zeit
Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.
Was Gallier und Britte sich erdacht
Ward, wohl verdeutscht, hier Deutschen vorgebracht.
Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,
Dem armen Dialog Gesang und Tanz.
Des Karnavals zerstreuter Splitterwelt
Ward sinnreich Spiel und Handlung zugesellt.
Dramatisch selbst erschienen hergesandt
Drey Könige aus fernem Morgenland.
Und sittsam bracht' auf reinlichem Altar
Dianas Priesterin auch Opfer dar;
Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!
Gebt uns ein Zeichen! denn ihr seyd nicht weit.
Ihr Freunde Plaz! weicht einen kleinen Schritt!
Seht wer da kommt und festlich näher tritt.
Sie ist es selbst, die Gute fehlt uns nie,
Wir sind erhört, die Musen senden sie.
Ihr kennt sie wohl, sie ist's die stets gefällt,
Als eine Blume zeigt sie sich der Welt.
Zum Muster wuchs das schöne Bild empor,
Vollendet nun, sie ist's und stellt es vor.
Es gönnten ihr die Musen iede Gunst
Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.
So häuft sie willig ieden Reiz auf sich,
Und selbst dein Nahme ziert, Corona, dich.
Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!
Nur absichtslos, doch wie mit Absicht, schön.
Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint
Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.
Anständig führt die leis erhobne Hand
Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband.
Der Rose frohes volles Angesicht,
Das treue Veilgen, der Narcisse Licht,
Vielfält'ger Nelken, eitler Tulpen Pracht,
Von Mädgen Hand geschikt hervorgebracht,
Durchschlungen von der Myrthe sanfter Zier,
Vereint die Kunst zum Trauerschmuke hier:
Und durch den schwarzen leicht geknüpften Flor
Sticht eine Lorbeerspize still hervor.
Es schweigt das Volk. Mit Augen voller Glanz,
Wirft sie in's Grab den wohlverdienten Kranz.
Sie öfnet ihren Mund und lieblich schliest
Der weiche Ton, der sich um's Herz ergiest.
Sie spricht: Den Dank für das was du gethan,
Geduldet, nimm, du Abgeschiedner, an.
Der Gute wie der Böse müht sich viel,
Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.
Dir gab ein Gott, in holder steter Kraft,
Zu deiner Kunst, die ew'ge Leidenschaft.
Sie war's, die dich zur bösen Zeit erhielt,
Mit der du krank als wie ein Kind gespielt,
Sie auf den blassen Mund ein Lächeln rief,
In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!
Ein Jeder, dem Natur ein gleiches gab,
Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!
Fest steh' dein Sarg in wohl gegönnter Ruh,
Mit lokrer Erde dekt ihn leise zu.
Und, sanfter als des Lebens, liege dann
Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!
Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?
Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?
Von hohen Bretern tönt des Hammers Schlag,
Der Sonntag feyert nicht, die Nacht wird Tag.
Was die Erindung still und zart ersann
Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.
Ich sehe Hauenschild gedankenvoll,
Ist's Türk, ist's Heide den er kleiden soll?
Und Schumann, froh, als wär er schon bezahlt,
Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt:
Ich sehe Thielens leicht bewegten Schritt,
Der luft'ger wird je mehr er manchen Reft;
Und diese Gährung deutet auf ein Fest.
Allein, wie viele hab' ich hererzehlt,
Und nenn' Ihn nicht, den Mann er nie gehofft,
Der finnreich schnell, mit schmerzbeladner Brust,
Den Lattenbau zu fügen wohl gewußt,
Das Bretgerüßt, das, nicht von ihm belebt,
Wir ein Stelett an toten Drähten schwebt.
Wo ist er? sagt! ihm war die Kunst so lieb
Das Rolik nicht, nicht Husten ihn vertrieb?
Er liegt so krank, so schlimm es nie noch war!
Ach Freunde! Weh! ich fühle die Gefahr.
Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,
Er ist nicht krank, nein, Kinder, er ist todt!
Wie! Mieding todt? erschallt biß unter's Dach
Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!
Die Arbeit stockt, die Hand wird jedem schwer,
Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nicht mehr,
Ein jeder steht betrübt an seinem Ort,
Und nur der Mittwoch treibt die Abreit fort.
Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar, wie manchen andern, ein.
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt jeden Lügner der gelebt wie er,
Und laßt am Rand' des Grabes, wo wir stehn,
Dei Schmerzen un Betrachtung übergehn.
O Weimar! Dir fiel ein besonder Loos!
Wie Bethlehem in Juda, klein und groß.
Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit
Europas Mund, bald wegen Albernheit.
Der Stille Weise schaut und sieht geschwind
Wie zwey Extreme nah verschwistert sind.
Eröffne du, die du besondre Luft
Am Guten hast, der Rührung deine Gruft.
Und du, o Mute rufe weit und laut
Den Nahmen aus, der laut uns still erbaut.
Wie manchen, werth und unwerth, hielt mit Glück
Die sanfte Hand von ew'ger Nacht zurück.
O laß auch Miedings Nahmen nicht vergehn!
Laß ihn stets nun am Horizonte stehn!
Nenn ihn der Welt, die kriegrisch oder fein;
Dem Schicksal dient und glaubt ihr Herr zu seyn,
Dem Rad' der Zeit vergebens wiedersteht,
Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;
Wo jeder, mit sich selbst genug geplagt,
So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,
Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt
Und Glück und Übel mit dem Fremden theilt.
Wo Einer fiel, seh Jeder seinen Fall.
Du Staatsmann, tritt herbey! hier liegt der Mann,
Der, so wie du, ein schwehr Geschäft begann.
Mit Lust zum Werke mehr, als zum Gewinn,
Schob er ein leicht Gerüst mit leichtem Sinn,
Den Wunderbau, der äußerlich entzückt,
Jedeß der Zauberer sich im Winkel drückt.
Er war's, der säumend manchen Tag verlohr
So sehr ihn Autor und Akteur beschwor;
Und dann zuletzt, wann es zum Treffen ging
Des Stückes Glück an schwache Fäden hing.
Wie oft trat nicht die Herrschaft schon herein!
Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein
Daß er noch kletterte, die Stangen trug,
Die Seile zog, und manchen Nagel schlug!
Oft glückts ihn, kühn betrog er die Gefahr
Doch auch ein Bock macht ihm kein granns Haar.
Wer preißt genug des Mannes kluge Hand,
Wenn er aus Drat elast'sche Federn wand,
Vielfält'ge Pappen auf die Lättgen schlug,
Die Rolle fügte, die den Wagen trug;
Mit Zindel, Blech gefärbt Pappier und Glas,
Dem Ausgang lächelnd, rings umgeben fas.
So, treu dem unermüdlichen Beruf,
War Er's der Held und Schäfer leicht erschuf.
Was alles zarte. schöne Seelen rührt,
Ward treu von ihm, nachahmend, ausgeführt;
Des Rasens Grün, des Waßers Silberfall,
Der Vögel Sang, des Donners lauter Knall,
Der Laube Schatten und des Mondes-Luft;
Ja selbst ein Ungeheur erschreckt ihn nicht.
Wie die Natur manch' wiederwärt'ge Kraft
Verbindend zwingt, und streitend Körper schafft,
So zwang er jedes Handwerk, jeden Fleiß.
Des Dichters Welt entstand auf sein Geheiß.
Und, so werdend, gewährt die Muse nur
Den Nahmen ihm - Direktor der Natur.
Wer faßt nach ihm, voll Kühnheit und Verstand
Die vielen Zügel mit der Einen Hand.
Hier, wo sich jeder seines Weges treibt,
Wo ein facktotum unentbehrlich bleibt,
Wo selbst der Dichter, heimlich voll Verdruß,
Im Fall der Noth die Lichter putzen muß.
O sorget nicht! gar viele regt sein Tod!
Sein Wiz ist nicht zu erben, doch sein Brod;
Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann:
Verdien' ich's nicht, wenn ich's nur eßen kann.
Was stutz ihr? seht den schlechtverzierten Sang?
Auch das Gefolg scheint euch gering und karg;
Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,
So würksam war, muß reich gestorben seyn!
Warum versagt man ihm den Trauerglanz,
Den äußern Zustand lezter Ehre, ganz?
Nicht so geschwind! Das Glück macht alles gleich,
Den Faulen und den Tät'gen - arm und reich.
Zum Gütersammeln war er nicht der Mann,
Der Tag verzehrte wie der Tag gewann
Bedauret ihn, der, schaffend biß an's Grab
Was künstlich war und nicht was Vortheil gab,
In Hofnung, täglich weniger erwarb,
Vertröstet lebte und verströstet starb.
Nun laßt die Glocken tönen und zulezt
Werd' er mit lauter Trauer beygesezt!
Wer ists's, der ihm ein Lob zu Grabe bringt,
Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?
Ihr Schwestern, die ihr, bald auf Thespis Karn,
Geschleppt von Eseln und umschrien von Narr'n,
Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,
Von Dorf zu Dorf, euch feil zu bieten fahrt,
Bald wieder, durch der Menschen Gunst beglückt,
In Herrlichkeit der Welt die Welt entzückt;
Die Mädchen eurer Art, sind selten karg,
Kommt, gebt die schönsten Kränze diesem Sarg.
Vereinet hier, theilnehmend, euer Leid,
zahlt was ihr Ihm, was ihr Uns schuldig seyd.
Als euren Tempel grause Glut verheert,
Ward ihr von uns drum weniger geehrt?
Wie viel Altäre stiegen vor uns auf!
Wie manches Räuchwert brachte man euch drauf!
An wie viel Pläzen lag vor euch gebückt
Ein schwerbefriedigt Publikum entzückt!
In engen Hütten und im reichen Saal,
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht,
Und unter dem Gewölb der hohen Nacht;
Erscheint ihr, die ihr vielgestaltend seyd,
Im Seitrock bald und bald im Gallakleid.
Und das Gefold, das um euch ergießt,
Dem der Geschmack die Thüren eitel schließt,
Das leichte, tolle, scheckige Geschlecht,
Es kam zu Haus, und immer kam es recht.
An weise Wand bringt dort der Zauberstab
Ein Schattenvolk aus mytholog'schem Grab.
Im Poßenspiel regt sich die alte Zeit
Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.
Was Galliers und Britte sich erdacht
Ward, wohl verteuscht, hier Teutschen vorgebracht.
Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,
Dem armen Dialog Gesang und Tanz.
Des Karnavals zerstreuter Flitterwelt
Ward sinnreich Spiel und Handlung zugesellt.
Dramatisch selbst erschienen hergesaust
Drey Könige aus fernem Morgenland;
Und sittsam bracht' auch reinlichem Altar
Dianens Pristerin auch Opfer dar;
Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!
Gebt uns ein Zeichen! Denn ihr seyd nicht weit.
Ihr Freunde Plaz! weicht einen kleinen Schritt!
Seht wer da kommt und festlich näher tritt.
Sie ist es selbst, die Gute fehlt uns nie,
Wir sind erhört, die Musen senden sie.
Ihr kennt sie wohl, sie ist's die stets gefällt,
Als eine Blume zeigt sie sich der Welt.
Zum Muster wuchs da schöne Bild empor,
Vollendet nun, sie ist's und stellt es vor.
Es gönnten ihr die Musen jede Gunst
Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.
So häuft sie willig jeden Reiz auf sich,
Und selbst dein Nahme ziert, Coronna, dich.
Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!
Nur absichtslos, doch wie mit Absicht, schön.
Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint
Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.
Anständig führt die leis erhobne Hand
Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband.
Der Rohe frohes volles Angesicht,
Das treue Veilchen, der Nariße Licht,
Vielfält'gen Nelken, eitler Tulpen Pracht,
Von Mädchen Hand geschickt hervorgebracht,
Durchschlungen von der Myrthe sanfter Zier,
Vereint die Kunst zum Trauerschmuck hier:
Und durch den schwarzen leichtgeknüpften Flor
Sticht eine Lorbeerspitze still hervor.
Es schweigt das Volk. Mit Augen voller Glanz,
Wirft sie in's Grab den wohlverdienten Kranz.
Sie öfnet ihren Mund und lieblich fließt
Der weiche Ton, der sich um's Herz ergießt;
Sie spricht: Den Dank für das was du gethan,
Geduldet, nimm, du Abgeschiedner an.
Der Gute wie der Böse müht sich viel,
Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.
Dir gab ein Gott, in holder steter Kraft,
Zu deiner Kunst die ew'ge Leidenschaft.
Sie war's, die dich zur bösen Zeit erhielt,
Mit der du krank als wie ein Kind gespielt,
Die auch den blaßen Mund ein lächeln rief,
In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!
Ein jeder, dem Natur ein gleichs gab,
Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!
Fest steh' dein Sarg in wohlgegönnter Ruh,
Mit lockrer Erde deckt ihn leise zu.
Und sanfter als des Lebens, liege dann
Auf dir des Grabes-Bürde, guter Mann!
Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?
Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?
Von hohlen Bretern tönt des HammersSchlag,
Der Sonntag feiert nicht, die Nacht wirdTag.
Was die Erfindung still und zart ersann,
Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.
Ich sehe Hauenschild gedankenvoll;
Ist’s Türk’, ist’s Heide, den er kleiden soll?
Und Schumann, froh, als wär’ er schon bezahlt,
Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt.
Ich sehe Thielens leicht bewegten Schritt,
Der lust’ger wird, jemehr er euch verschnitt.
Der Jude Elkan läuft mit manchem Rest,
Und diese Gährung deutet auf ein Fest.
Allein, wie viele hab’ ich hererzählt,
Und nenn’ Ihn nicht, den Mann, der niegefehlt,
Der sinnreich schnell, mit schmerzbeladnerBrust,
Den Lattenbau zu fügen wohl gewußt,
Das Bretgerüst, das, nicht von ihm belebt,
Wie ein Scelett an todten Drähten schwebt.
Wo ist er? sagt! – Ihm war die Kunstso lieb,
Daß Kolik nicht, nicht Husten ihn vertrieb.
„Er liegt so krank, so schlimm es nie nochwar!“
Ach Freunde! Weh! Ich fühle die Gefahr;
Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,
Er ist nicht krank, nein, Kinder, er ist todt!
Wie? Mieding todt? erschallt bis unter’sDach
Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!
Die Arbeit stockt, die Hand wird jedem schwer,
Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nichtmehr;
Ein jeder steht betäubt an seinem Ort,
Und nur der Mittwoch treibt die Arbeit fort.
Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar wie manchen andern ein!
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt jedem Bürger, der gelebt wie er,
Und laßt am Rand des Grabes, wo wir stehn,
Die Schmerzen in Betrachtung übergehn.
Und du, o Muse, rufe weit und laut
Den Namen aus, der heut uns still erbaut!
Wie manchen, werth und unwerth, hielt mitGlück
Die sanfte Hand von ew’ger Nacht zurück!
O laß auch Miedings Namen nicht vergehn!
Laß ihn stets neu am Horizonte stehn!
Nenn’ ihn der Welt, die krieg’risch oder fein,
Dem Schicksal dient, und glaubt ihr Herr zuseyn,
Dem Rath der Zeit vergebens widersteht,
Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;
Wo jeder, mit sich selbst genug geplagt,
So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,
Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt,
Und Glück und Übel mit dem Fremden theilt.
Verkünde laut und sag’ es überall:
Wo Einer fiel, seh’ jeder seinen Fall!
Du, Staatsmann, tritt herbey! Hierliegt der Mann,
Der, so wie du, ein schwer Geschäft begann;
Mit Lust zum Werke mehr, als zum Gewinn,
Schob er ein leicht Gerüst mit leichtem Sinn,
Den Wunderbau, der äußerlich entzückt,
Indeß der Zaubrer sich im Winkel drückt.
Er war’s, der säumend manchen Tag verlor,
So sehr ihn Autor und Acteur beschwor;
Und dann zuletzt, wenn es zum Treffen ging,
Des Stückes Glück an schwache Fäden hing.
Wie oft trat nicht die Herrschaft schonherein!
Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein,
Daß er noch kletterte, die Stangen trug,
Die Seile zog und manchen Nagel schlug.
Oft glückt’s ihm; kühn betrog er die Gefahr;
Doch auch ein Bock macht’ ihm kein grauesHaar.
Wer preis’t genug des Mannes kluge Hand,
Wenn er aus Draht elast’sche Federn wand,
Vielfält’ge Pappen auf die Lättchen schlug,
Die Rolle fügte, die den Wagen trug;
Von Zindel, Blech, gefärbt Papier undGlas,
Dem Ausgang lächelnd, rings umgeben saß.
So treu dem unermüdlichen Beruf,
War Er’s, der Held und Schäfer leicht erschuf.
Was alles zarte, schöne Seelen rührt,
Ward treu von ihm, nachahmend, ausgeführt:
Des Rasens Grün, des Wassers Silberfall,
Der Vögel Sang, des Donners lauter Knall,
Der Laube Schatten und des Mondes Licht –
Ja selbst ein Ungeheur erschreckt’ ihn nicht.
Wie die Natur manch widerwärt’ge Kraft
Verbindend zwingt, und streitend Körperschafft:
So zwang er jedes Handwerk, jeden Fleiß;
Des Dichters Welt entstand auf sein Geheiß;
Und, so verdient, gewährt die Muse nur
Den Namen ihm – Director der Natur *)*) S. 4. Band, S. 130..
Wer faßt nach ihm, voll Kühnheit undVerstand,
Die vielen Zügel mit der Einen Hand?
Hier, wo sich jeder seines Weges treibt,
Wo ein Factotum unentbehrlich bleibt;
Wo selbst der Dichter, heimlich voll Verdruß,
Im Fall der Noth die Lichter putzen muß.
O sorget nicht! Gar viele regt sein Tod!
Sein Witz ist nicht zu erben, doch sein Brot;
Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann:
Verdien’ ich’s nicht, wenn ich’s nur essenkann.
Was stutzt ihr? Seht den schlecht verziertenSarg,
Auch das Gefolg scheint euch gering undkarg;
Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,
So wirksam war, muß reich gestorben seyn!
Warum versagt man ihm den Trauerglanz,
Den äußern Anstand letzter Ehre ganz?
Nicht so geschwind! Das Glück macht allesgleich,
Den Faulen und den Thät’gen – arm undreich.
Zum Gütersammeln war er nicht der Mann;
Der Tag verzehrte, was der Tag gewann.
Bedauert ihn, der, schaffend bis an’s Grab,
Was künstlich war, und nicht was Vortheilgab,
In Hoffnung täglich weniger erwarb,
Vertröstet lebte, und vertröstet starb.
Nun laßt die Glocken tönen, und zuletzt
Werd’ er mit lauter Trauer beygesetzt!
Wer ist’s, der ihm ein Lob zu Grabe bringt,
Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?
Ihr Schwestern, die ihr, bald auf Thespis Karrn,
Geschleppt von Eseln und umschrien vonNarr’n,
Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,
Von Dorf zu Dorf, euch feil zu biethen,fahrt;
Bald wieder durch der Menschen Gunst beglückt,
In Herrlichkeit der Welt die Welt entzückt;
Die Mädchen eurer Art sind selten karg,
Kommt, gebt die schönsten Kränze diesemSarg;
Vereinet hier, theilnehmend, euer Leid,
Zahlt, was ihr Ihm, was ihr uns schuldigseyd!
Als euern Tempel grause Glut verheert,
Ward ihr von uns drum weniger geehrt?
Wie viel Altäre stiegen vor euch auf!
Wie manches Rauchwerk brachte man euchdrauf!
An wie viel Plätzen lag, vor euch gebückt,
Ein schwer befriedigt Publicum entzückt!
In engen Hütten und im reichen Saal,
Auf Höhen Ettersburgs, in Tiefurts Thal,
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht,
Und unter dem Gewölb’ der hohen Nacht,
Erscheint ihr, die ihr vielgestaltet seyd,
Im Reitrock bald und bald im Gallakleid.
Auch das Gefolg, das um euch sich ergießt,
Dem der Geschmack die Thüren ekel schließt,
Das leichte, tolle, scheckige Geschlecht,
Es kam zu Hauf, und immer kam es recht.
An weiße Wand bringt dort der Zauberstab
Ein Schattenvolk aus mytholog’schem Grab.
Im Possenspiel regt sich die alte Zeit,
Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.
Was Gallier und Britte sich erdacht,
Ward, wohlverdeutscht, hier Deutschen vorgebracht;
Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,
Dem armen Dialog – Gesang und Tanz.
Des Karnavals zerstreuter Flitterwelt
Ward sinnreich Spiel und Handlung zugesellt.
Dramatisch selbst erschienen hergesandt
Drey Könige aus fernem Morgenland;
Und sittsam bracht’ auf reinlichem Altar
Dianens Priesterinn ihr Opfer dar.
Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!
Gebt uns ein Zeichen! denn ihr seyd nichtweit.
Ihr Freunde, Platz! Weicht einen kleinenSchritt!
Seht wer da kommt und festlich näher tritt?
Sie ist es selbst; die Gute fehlt uns nie;
Wir sind erhört, die Musen senden sie.
Ihr kennt sie wohl; sie ist’s, die stets gefällt;
Als eine Blume zeigt sie sich der Welt:
Zum Muster wuchs das schöne Bild empor,
Vollendet nun, sie ist’s und stellt es vor.
Es gönnten ihr die Musen jede Gunst,
Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.
So häuft sie willig jeden Reitz auf sich,
Und selbst dein Name ziert, Corona, dich.
Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!
Nur absichtslos, doch wie mit Absicht schön.
Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint,
Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.
Anständig führt die leis erhobne Hand
Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband.
Der Rose frohes, volles Angesicht,
Das treue Veilchen, der Narcisse Licht,
Vielfält’ger Nelken, eitler Tulpen Pracht,
Von Mädchen-Hand geschickt hervorgebracht,
Durchschlungen von der Myrte sanfter Zier,
Vereint die Kunst zum Trauerschmucke hier;
Und durch den schwarzen, leichtgeknüpftenFlor
Sticht eine Lorbeerspitze still hervor.
Es schweigt das Volk. Mit Augen vollerGlanz,
Wirft sie in’s Grab den wohlverdientenKranz.
Sie öffnet ihren Mund, und lieblich fließt
Der weiche Ton, der sich um’s Herz ergießt.
Sie spricht: Den Dank für das, was du gethan,
Geduldet, nimm, du Abgeschiedner, an!
Der Gute, wie der Böse, müht sichviel,
Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.
Dir gab ein Gott in holder, steter Kraft
Zu deiner Kunst die ew’ge Leidenschaft.
Sie war’s, die dich zur bösen Zeit erhielt,
Mit der du krank, als wie ein Kind gespielt,
Die auf den blassen Mund ein Lächeln rief,
In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!
Ein jeder, dem Natur ein gleiches gab,
Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!
Fest steh’ dein Sarg in wohlgegönnter Ruh,
Mit lockrer Erde deckt ihn leise zu,
Und sanfter als des Lebens, liege dann
Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!
Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?
Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?
Von hohlen Bretern tönt des Hammers Schlag,
Der Sonntag feyert nicht, die Nacht wird Tag.
Was die Erfindung still und zart ersann
Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.
Ich sehe Hauenschild gedankenvoll,
Ist's Türk', ist's Heide den er kleiden soll?
Und Schumann, froh, als wär' er schon bezahlt,
Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt:
Ich sehe Thielens leicht bewegten Schritt,
Der lust'ger wird ije mehr er euch verschnitt:
Der Jude Elkan läuft mit manchem Rest,
Und diese Gährung deutet auf ein Fest.
Allein, wie viele hab' ich hererzählt,
Und nenn' Ihn nicht den Mann der nie gefehlt,
Der sinnreich schnell, mit schmerzbeladner Brust,
Den Lattenbau zu fügen wohl gewußt,
Das Bretgerüst, das, nicht von ihm belebt,
Wie ein Skelett an todten Dräten schwebt.
Wo ist er? sagt! iIhm war die Kunst so lieb
Daß Kolik nicht, nicht Husten ihn vertrieb?
Er liegt so krank, so schlimm es nie noch war!
Ach Freunde! Weh! ich fühle die Gefahr;
Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,!
Er ist nicht krank, nein, Kinder ,— er ist todt!
Wie! Mieding todt? — erschallt biß unter's Dach
Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!
Die Arbeit stokt, die Hand wird ijedem schweer,
Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nicht mehr,;
Ein Jeder steht betäubt an seinem Ort,
Und nur der Mittwoch treibt die Arbeit fort.
Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar, wie manchens andern, ein.
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt ijeden Bürger der gelebt wie er,
Und laßt am Rand' des Grabes, wo wir stehn,
Die Schmerzen in Betrachtung übergehn,!
O Weimar! dir fiel ein besonder Loos!
Wie Bethlehem in Juda, klein und grosß.
Bald wegen Geist und Wiz beruft dich weit
Europens Mund, bald wegen Albernheit.
Der stille Weise schaut und sieht geschwind
Wie zwey Extreme nah verschwistert sind.
Eröffne du, die du besondre Lust
Am Guten hast, der Rührung deine Brust.!
Und du, o Muse, rufe weit und laut
Den Nahmen aus, der heut uns still erbaut.:
Wie manchen, werth und unwerth, hielt mit Glük
Die sanfte Hand von ew'ger Nacht zurük.!
O laß auch Miedings Nahmen nicht vergehn!
Laß ihn stets neu am Horizonte stehn!
Nenn' ihn der Welt, die, kriegrisch oder fein,
Dem Schiksaal dient und glaubt ihr Herr zu seyn,
Dem Rad der Zeit vergebens widersteht,
Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;
Wo ijeder; mit sich selbst genug geplagt,
So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,
Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt
Und Glük und Übel mit dem Fremden theilt:
Verkünde laut und sag' es überall,
Wo Einer fiel, seh Jeder seinen Fall.!
Du, Staatsmann, tritt herbey! hier liegt der Mann,
Der, so wie du, ein schweer Geschäft begann.
Mit Lust — zum Werke mehr, als zum Gewinn,
Schob er ein leicht Gerüst mit leichtem Sinn,;
Den Wunderbau, der äußerlich entzükt,
Indeß der Zaubrer sich im Winkel drükt.
Er war's, der säumend manchen Tag verlohr
So sehr ihn Autor und Akteur beschwor;
Und dann zulezt, wenn es zum Treffen gieng,
Des Stückes Glück an schwache Fäden hieng.
Wie oft trat nicht die Herrschaft schon herein!
Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein,
Daß er noch kletterte, die Stangen trug,
Die Seile zog, und manchen Nagel schlug!
Oft glükt's ihm; kühn betrog er die Gefahr,
Doch auch ein Bok macht' ihm kein graues Haar.
Wer preißt genug, des Mannes kluge Hand,
Wenn er aus Drat elast'sche Federn wand,
Vielfalt'ge Pappen auf die Lätt'gchen schlug,
Die Rolle fügte die den Wagen trug;
Mit Zindel, Blech, gefärbt Papier und Glas,
Den Ausgang lächelnd, rings umgeben sasß.
So, treu dem unermüdlichen Beruf,
War Er's der Held und Schäfer leicht erschuf.
Was alles zarte schöne Seelen rührt,
Ward treu von ihm nachahmend, ausgeführt:
Des Rasens Grün, des Waßers Silberfall,
Der Vögel Sang, des Donners lauter Knall,
Der Laube Schatten und des Mondes Licht;
Ja selbst ein Ungeheur erschrekt' ihn nicht.
Wie die Natur manch' widerwärt'ge Kraft
Verbindend zwingt, und streitend Körper schafft,:
So zwang er ijedes Handwerk, ijeden Fleiß.
Des Dichters Welt entstand auf sein Geheisß.
Und, so verdient, gewährt die Muse nur
Den Nahmen ihm — Direktor der Natur.
Wer faßt nach ihm, voll Kühnheit und Verstand,
Die vielen Zügel mit der eEinen Hand?
Hier, wo sich ijeder seines Weeges treibt,
Wo ein Faktotum unentbehrlich bleibt,
Wo selbst der Dichter, heimlich voll Verdruß,
Im Fall der Noth, die Lichter puzen muß.?
O sorget nicht! gar viele regt sein Tod!
Sein Wiz ist nicht zu erben, doch sein Brod;
Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann
Verdien' ich's nicht, wenn ich's nur eßen kann.
Was stuzt ihr? seht den schlecht verzierten Sarg?
Auch das Gefolg scheint euch gering und karg;
Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,
So wirksam war, muß reich gestorben seyn!
Warum versagt man ihm den Trauerglanz,
Den äußern Anstand lezter Ehre, ganz?
Nicht so geschwind! Das Glück macht alles gleich,
Den Faulen und den Thät'gen — arm und reich.
Zum Gütersammeln war er nicht der Mann,
Der Tag verzehrte wiewas der Tag gewann.
Bedauret ihn, der, schaffend biß ans Grab
Was künstlich war und nicht was Vortheil gab,
In Hofnung täglich weniger erwarb,
Vertröstet lebte, und vertröstet starb.
Nun, laßt die Gloken tönen, und zulezt
Werd' er mit lauter Trauer beygesezt!
Wer ist's, der ihm ein Lob zu Grabe bringt,
Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?
Ihr Schwestern, die ihr, bald auf Thespis Karrn
Geschleppt von Eseln und umschrien von Narr'n,
Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,
Von Dorf zu Dorf euch feil zu bieten fahrt;
Bald wieder, durch der Menschen Gunst beglükt,
In Herrlichkeit der Welt die Welt entzükt;
Die Mädgchen eurer Art sind selten karg,
Kommt, gebt die schönsten Kränze diesem Sarg.!
Vereinet hier, theilnehmend, euer Leid,
Zahlt was ihr Ihm, was ihr Uns schuldig seyd.!
Als euren Tempel grause Glut verheert,
Ward ihr von uns drum weniger geehrt?
Wieviel Altäre stiegen vor euch auf!
Wie manches Rauchwerk brachte man euch drauf!
An wie viel Pläzen lag, vor euch gebükt,
Ein schweer befriedigt Publikum entzükt!
In engen Hütten und im reichen Saal,
Auf Höhen Ettersburgs, in Tiefurts- Thal;
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht,
Und unter dem Gewölb' der hohen Nacht.,
Erscheiient ihr, die ihr vielgestaltetig seyd,
Im Reitrok bald, und bald im Gallakleid.
Auch das Gefolg, das um euch sich ergiest,
Dem der Geschmak die Thüren ekel schliest,
Das leichte, tolle, scheckige Geschlecht,
Es kam zu Hauf, und immer kam es recht.
An weisse Wand bringt dort der Zauberstab
Ein Schattenvolk aus mytholog'schem Grab.:
Im Possenspiel regt sich die alte Zeit
Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.:
Was Gallier und Britte sich erdacht
Ward, wohl verdeutscht, hier Deutschen vorgebra
Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,
Dem armen Dialog Gesang und Tanz.
Des Karnavals zerstreuter Flitterwelt
Ward, sinnreich, Spiel und Handlung zugesellt
Dramatisch selbst erschienen hergesanndt
Drey Könige aus fernem Morgenland,;
Und sittsam bracht' auf reinlichem Altar
Dianens Priesterin auch Opfer dar;:
Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!
Gebt uns ein Zeichen! denn ihr seyd nicht weit.
Ihr Freunde, Plaz! weicht einen kleinen Schritt!
Seht, wer da kommt und festlich näher tritt.?
Sie ist es selbst, die Gute fehlt uns nie,
Wir sind erhört, die Musen senden sie.
Ihr kennt sie wohl,: sSie ist's die stets gefällt,
Als eine Blume zeigt sSie sich der Welt.
Zum Muster wuchs das schöne Bild empor,
Vollendet nun, sSie ists und stellt es vor.
Es gönnten ihr die Musen ijede Gunst,
Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.
So häuft sie willig ijeden Reiz auf sich,
Und selbst dein Nahme ziert, Corona, dich.
Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!
Nur absichtslos, doch wie mit Absicht schön.
Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint
Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.
Anständig führt die leis erhobne Hand
Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband.
Der Rose frohes, volles Angesicht,
Das treue Veilgchen, der Narcisse Licht,
Vielfält'ger Nelken, eitler Tulpen Pracht,
Von Mädgchenhand geschikt hervorgebracht,
Durchschlungen von der Myrthe sanfter Zier,
Vereint die Kunst zum Trauerschmucke hier:
Und durch den schwarzen leicht geknüpften Flor
Sticht eine Lorbeerspize still hervor.
Es schweigt das Volk. Mit Augen voller Gla
Wirft sie in's Grab den wohlverdienten Kranz.
Sie öfnet ihren Mund, und lieblich fliest
Der weiche Ton, der sich ums Herz ergiest.
Sie spricht: Den Dank für das was du gethan,
Geduldet, nimm, du Abgeschiedner, an.
Der Gute, wie der Böse, müht sich viel,
Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.
Dir gab ein Gott, in holder steter Kraft,
Zu deiner Kunst, die ew'ge Leidenschaft.
Sie war's, die dich zur bösen Zeit erhielt,
Mit der du, krank als wie ein Kind gespielt,
Die auf den blassen Mund ein Lächeln rief,
In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!
Ein Jeder, dem Natur ein gleiches gab,
Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!
Fest steh' dein Sarg in wohl gegönnter Ruh,
Mit lokrer Erde deckt ihn leise zu.,
Und, sanfter als des Lebens, liege dann
Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!
Welch ein Getümmel füllt Thaliens Haus?
Welch ein geschäftig Volk eilt ein und aus?
Von hohlen Bretern tönt des Hammers Schlag,
Der Sonntag feyert nicht, die Nacht wird Tag.
Was die Erfindung still und zart ersann
Beschäftigt laut den rohen Zimmermann.
Ich sehe Hauenschildder Schneider der Theatergarderobe gedankenvoll,
Ists Türk' ists Heide, den er kleiden soll?
Und SchumannTheatermaler froh, als wär er schon bezahlt,
Weil er einmal mit ganzen Farben mahlt.
Ich sehe ThielensEin Frauenzimmer Schneider leicht bewegten Schritt:
Der lust'ger wird jemehr er euch verschnitt.
Der Jude Elkan läuft mit manchem Rest,
Und diese Gährung deutet auf ein Fest.
Allein, wie viele hab ich hererzählt,
Und nenn' Ihn nicht, den Mann, der nie gefehlt . , .
Der sinnreich schnell, mit schmerzbeladner Brust,
Den Lattenbau zu fügen wohl gewußt,
Das Bretgerüst, das, nicht von ihm belebt,
Wie ein Sckelett an todten Dräten schwebt.
Wo ist er? sagt! ihm - Ihm war die Kunst so lieb
Daß Kolick nicht, nicht Husten ihn vertrieb?
„Er liegt so krank, so schlimm es nie noch war!"
Ach Freunde! Weh! Ich fühle die Gefahr;
Hält Krankheit ihn zurück, so ist es Noth,
Er ist nicht krank, nein, Kinder, er ist todt!
Wie? Mieding todt? erschallt bis unters Dach
Das hohle Haus, vom Echo kehrt ein Ach!
Die Arbeit stockt, die Hand wird jedem schwer,
Der Leim wird kalt, die Farbe fließt nicht mehr;
Ein Jeder steht betäubt an seinem Ort
Und nur der Mittwoch treibt die Arbeit fort.
Ja, Mieding todt! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar wie manchen andern ein . !
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt jedem Bürger der gelebt wie er,
Und laßt am Rand des Grabes, wo wir stehn,
Die Schmerzen in Betrachtung übergehn.
Und du, o Muse, rufe weit und laut
Den Namen aus, der heut uns still erbaut!
Wie manchen, werth und unwerth, hielt mit Glück
Die sanfte Hand von ew'ger Nacht zurück.
O laß auch Miedings Namen nicht vergehn!
Laß ihn stets neu am Horizonte stehn!
Nenn ihn der Welt, die kriegrisch oder fein,
Dem Schicksaal Schicksal dient und glaubt ihr Herr zu seyn,
Dem Rad der Zeit vergebens widersteht
Verwirrt, beschäftigt und betäubt sich dreht;
Wo jeder, mit sich selbst genug geplagt,
So selten nach dem nächsten Nachbar fragt,
Doch gern im Geist nach fernen Zonen eilt
Und Glück und Uebel mit dem Fremden theilt.
Verkünde laut und sag' es überall:
Wo Einer fiel, seh' jeder seinen Fall!
Du, Staatsmann, tritt herbey! Hier liegt der Mann,
Der, so wie du, ein schwer Geschäft begann;
Mit Lust zum Werke mehr, als zum Gewinn,
Schob er ein leicht Gerüst in leichtem Sinn,
Den Wunderbau, der äußerlich entzückt,
Indeß der Zaubrer sich im Winkel drückt.
Er wars, der säumend manchen Tag verlohr
So sehr ihn Autor und Acteur beschwor;
Und dann zuletzt, wann es zum Treffen gieng,
Des Stückes Glück an schwache Fäden hing.
Wie oft trat nicht die Herrschaft schon herein!
Es ward gepocht, die Symphonie fiel ein,
Daß er noch kletterte, die Stangen trug,
Die Seile zog und manchen Nagel schlug.
Oft glückt's ihm; kühn betrog er die Gefahr;
Doch auch ein Bock macht' ihm kein graues Haar.
Wer preißt genug des Mannes kluge Hand,
Wenn er aus Drat elast'sche Federn wand,
Vielfält'ge Pappen auf die Lättgen schlug,
Die Rolle fügte die den Wagen trug;
Mit Von Zindel, Blech, gefärbt Papier und Glas,
Dem Ausgang lächelnd, rings umgeben sas.
So treu dem unermüdlichen Beruf,
War Ers, der Held und Schäfer leicht erschuf.
Was alles zarte, schöne Seelen rührt
Ward treu von ihm, nachahmend, ausgeführt . :
Des Rasens Grün, des Waßers Silberfall
Der Vögel Sang, des Donners lauter Knall,
Der Laube Schatten und des Mondes Licht . -
Ja selbst ein Ungeheur erschreckt' ihn nicht.
Wie die Natur manch' widerwärtge Kraft
Verbindend zwingt und streitend Körper schafft:
So zwang er jedes Handwerk, jeden Fleiß;
Des Dichters Welt entstand auf sein Geheiß.
Und, so verdient, gewährt die Muse nur
Den Namen ihm - Direcktor der Natur So nannte man ihn zum Scherz beym Theater. (x) S. 4 Band. S. 130.
Wer faßt nach ihm, voll Kühnheit und Verstand,
Die vielen Zügel mit der Einen Hand?
Hier, wo sich jeder seines Weges treibt,
Wo ein Facktotum unentbehrlich bleibt;
Wo selbst der Dichter, heimlich voll Verdruß,
Im Fall der Noth die Lichter putzen muß.
O sorget nicht! Gar viele regt sein Tod!
Sein Wiz ist nicht zu erben, doch sein Brod;
Und, ungleich ihm, denkt mancher Ehrenmann:
Verdien' ichs nicht, wenn ichs nur eßen kann.
Was stuzt ihr? Seht den schlecht verzierten Sarg,
Auch das Gefolg scheint euch gering und karg;
Wie! ruft ihr, wer so künstlich und so fein,
So wirksam war, muß reich gestorben seyn!
Warum versagt man ihm den Trauerglanz,
Den äußern Anstand letzter Ehre ganz?
Nicht so geschwind! Das Glück macht alles gleich,
Den Faulen und den Thätgen - arm und reich.
Zum Gütersammeln war er nicht der Mann,
Der Tag verzehrte, was der Tag gewann.
Bedauert ihn, der, schaffend bis an's Grab
Was künstlich war und nicht was Vortheil gab,
In Hofnung täglich weniger erwarb,
Vertröstet lebte, und vertröstet starb.
Nun laßt die Glocken tönen und zuletzt
Werd' er mit lauter Trauer beygesezt!
Wer ists der ihm ein Lob zu Grabe bringt,
Eh noch die Erde rollt, das Chor verklingt?
Ihr Schwestern, die ihr, bald auf Thespis Karrn,
Geschleppt von Eseln und umschrien von Narr'n,
Vor Hunger kaum, vor Schande nie bewahrt,
Von Dorf zu Dorf, euch feil zu biethen fahrt:
Bald wieder durch der Menschen Gunst beglückt
In Herrlichkeit der Welt die Welt entzückt;
Die Mädchen eurer Art sind selten karg,
Kommt, gebt die schönsten Kränze diesem Sarg . ;
Vereinet hier, theilnehmend, euer Leid,
Zahlt, was ihr Ihm, was ihr uns schuldig seyd . !
Als euren Tempel grause Glut verheert,
Ward ihr von uns drum weniger geehrt , ?
Wie viel Altäre stiegen vor euch auf?
Wie manches Rauchwerck brachte man euch drauf!
An wie viel Pläzen lag vor euch gebückt
Ein schwer befriedigt Publikum entzückt!
In engen Hütten und im reichen Saal,
Auf Höhen Ettersburgs, in Tiefurts Thal
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht
Und unter dem Gewölb' der hohen Nacht,
Erscheint ihr, die ihr vielgestaltet seyd,
Im Reitrock bald und bald im Gallakleid.
Auch das Gefolg, das um euch sich ergießt,
Dem der Geschmack die Thüren ekel schließt,
Das leichte, tolle, scheckige Geschlecht,
Es kam zu Hauf, und immer kam es recht.
An weise weisse Wand bringt dort der Zauberstab
Ein Schattenvolk aus mytholog'schem Grab.
Im Possenspiel regt sich die alte Zeit
Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.
Was Gallier und Britte sich erdacht
Ward, wohlverteutscht, hier Teutschen vorgebracht . ;
Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz,
Dem armen Dialog - Gesang und Tanz.
Des Karnavals zerstreuter Flitterwelt
Ward sinnreich Spiel und Handlung zugesellt.
Dramatisch selbst erschienen hergesandt
Drey Könige aus fernem Morgenland;
Und sittsam bracht' auf reinlichem Altar
Dianens Pristerinn auch ihr Opfer dar;
Nun ehrt uns auch in dieser Trauerzeit!
Gebt uns ein Zeichen! denn ihr seyd nicht weit.
Ihr Freunde Plaz! Weicht einen kleinen Schritt!
Seht wer da kommt und festlich näher tritt . ?
Sie ist es selbst, die Gute fehlt uns nie,
Wir sind erhört, die Musen senden sie.
Ihr kennt sie wohl, sie ists die stets gefällt , ;
Als eine Blume zeigt sie sich der Welt . :
Zum Muster wuchs das schöne Bild empor,
Vollendet nun, sie ist's und stellt es vor.
Es gönnten ihr die Musen jede Gunst,
Und die Natur erschuf in ihr die Kunst.
So häuft sie willig ieden Reiz auf sich,
Und selbst dein Name ziert, Corona dich.
Sie tritt herbey. Seht sie gefällig stehn!
Nur absichtslos, doch wie mit Absicht schön.
Und, hocherstaunt, seht ihr in ihr vereint
Ein Ideal, das Künstlern nur erscheint.
Anständig, führt die leis erhobne Hand
Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband
Der Rose frohes volles Angesicht,
Das treue Veilchen, der Narcisse Licht,
Vielfält'ger Nelken, eitler Tulpen Pracht,
Von Mädchen Hand geschickt hervorgebracht,
Durchschlungen von der Myrthe Myrte sanfter Zier,
Vereint die Kunst zum Trauerschmucke hier;
Und durch den schwarzen leichtgeknüpften Flor
Sticht eine Lorberspitze still hervor.
Es schweigt das Volk. Mit Augen voller Glanz,
Wirft sie ins Grab den wohlverdienten Kranz.
Sie öfnet ihren Mund und lieblich fließt
Der weiche Ton, der sich ums Herz ergießt.
Sie spricht: Den Dank, für das was du gethan,
Geduldet, nimm, du Abgeschiedner, an . !
Der Gute wie der Böse müht sich viel,
Und beyde bleiben weit von ihrem Ziel.
Dir gab ein Gott in holder steter Kraft
Zu deiner Kunst die ew'ge Leidenschaft.
Sie war's, die dich zur bösen Zeit erhielt,
Mit der du krank, als wie ein Kind gespielt,
Die auf den blassen Mund ein Lächeln rief,
In deren Arm dein müdes Haupt entschlief!
Ein jeder, dem Natur ein gleiches gab,
Besuche pilgernd dein bescheiden Grab!
Fest steh dein Sarg in wohlgegönnter Ruh,
Mit lockrer Erde deckt ihn leise zu . ,
Und sanfter als des Lebens, liege dann,
Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!

Handschriften und Drucke

Sigle Titel Überlieferungsform
🚧 GSA 24/24 Journal von Tiefurt, 1. - … 🚧
🚧 GSA 96/4196 🚧 🚧
🚧 S 8 Goethe’s Schriften. Achte … Druck
🚧 25/W 1819 Auf Miedings Tod, … Abschrift
🚧 GSA 25/W 2 Vermischte Gedichte, Zwey … 🚧

Kontexte

Relation Bezugsentität Quelle
verfasst von Johann Wolfgang Goethe GSA 24/24, GSA 96/4196, 25/W 1819, GSA 25/W 2 , S 8
datiert auf zwischen Februar und 15. März 1782 Brüning/Henke 2025
datiert auf Februar / März 1782 GB 7.2, Nr. 150, 551
datiert auf Februar / März 1782 MA 2.1, 585
überliefert in 4 Handschriften GSA 24/24, GSA 96/4196, 25/W 1819, GSA 25/W 2
überliefert in Druck S 8
Teil von Vermischte Gedichte, Zweyte Sammlung GSA 25/W 2
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Der Becher GSA 24/24, GSA 96/4196
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Erklärung eines alten Holzschnittes vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung S 8, GSA 25/W 2
Nächster Nachbar in der Überlieferung Der Mensch GSA 96/4196