Klaggesang von der edlen Frauen des Asan Aga, aus dem Morlackischen

»Was ist Weißes dort …«

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»Was ist Weißes dort …«
Quelle der vorläufigen Titeldaten
WA I 2,49
Kennung in der Forschungsdatenbank so:fie
93390
Kennung in der Gemeinsamen Normdatei
4770815-3

Fassungen aus dem Bereich »Texte«

Klaggesang von der edeln Frauen des Asan Aga

Was ist weißes dort am grünen Walde?

Ist es Schnee wohl, oder sind es Schwäne?

Wär’ es Schnee, er wäre weggeschmolzen;

Wären’s Schwäne, wären weggeflogen.

Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,

’s ist der Glanz der Zelten Asan Aga.

Niederliegt er drin an seiner Wunde;

Ihn besucht die Mutter und die Schwester;

Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen.

Als nun seine Wunde linder wurde,

Ließ er seinem treuen Weibe sagen:

„Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,

Nicht am Hofe und nicht bey den Meinen.“

Als die Frau dieß harte Wort vernommen,

Stand die Treue starr und voller Schmerzen,

Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre,

Und es däucht ihr, Asan käm’, ihr Gatte,

Springt zum Thurme, sich herab zu stürzen.

Ängstlich folgen ihr zwey liebe Töchter,

Rufen nach ihr, weinend bittre Thränen:

„Sind nicht unsers Vaters Asans Rosse,

Ist dein Bruder Pintorowich kommen!“

Und es kehret die Gemahlinn Asans,

Schlingt die Arme jammernd um den Bruder:

„Sieh die Schmach, o Bruder, deiner Schwester!

Mich verstoßen! Mutter dieser fünfe!“

Schweigt der Bruder, ziehet aus der Tasche,

Eingehüllet in hochrothe Seide,

Ausgefertiget den Brief der Scheidung,

Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung,

Frey sich einem andern zu ergeben.

Als die Frau den Trauer-Scheidbrief sahe,

Küßte sie der beyden Knaben Stirne,

Küßt’ die Wangen ihrer beyden Mädchen.

Aber ach! vom Säugling in der Wiege

Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reißen!

Reißt sie los der ungestüme Bruder,

Hebt sie auf das muntre Roß behende,

Und so eilt er mit der bangen Frauen

G’rad’ nach seines Vaters hoher Wohnung.

Kurze Zeit war’s, noch nicht sieben Tage;

Kurze Zeit g’nug; von viel großen Herren

Unsre Frau in ihrer Wittwen-Trauer,

Unsre Frau zum Weib begehret wurde.

Und der größte war Imoskis Cadi;

Und die Frau bath weinend ihren Bruder:

„Ich beschwöre dich bey deinem Leben,

Gib mich keinem andern mehr zur Frauen,

Daß das Wiedersehen meiner lieben

Armen Kinder mir das Herz nicht breche.“

Ihre Reden achtet nicht der Bruder,

Fest, Imoskis Cadi sie zu trauen.

Doch die Gute bittet ihn unendlich:

Schicke wenigstens ein Blatt, o Bruder,

Mit den Worten zu Imoskis Cadi:

„Dich begrüßt die junge Wittib freundlich,

Und läßt durch dieß Blatt dich höchlich bitten,

Daß, wenn dich die Suaten herbegleiten,

Du mir einen langen Schleyer bringest,

Daß ich mich vor Asans Haus verhülle,

Meine lieben Waisen nicht erblicke.“

Kaum ersah der Cadi dieses Schreiben,

Als er seine Suaten alle sammelt,

Und zum Wege nach der Braut sich rüstet,

Mit den Schleyer, den sie heischte, tragend.

Glücklich kamen sie zur Fürstinn Hause,

Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder.

Aber als sie Asans Wohnung nah’ten,

Sah’n die Kinder oben ab die Mutter,

Riefen: „Komm zu deiner Halle wieder!

„Iß das Abendbrot mit deinen Kindern.“

Traurig hört’ es die Gemahlinn Asans,

Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:

„Laß doch, laß die Suaten und die Pferde

Halten wenig vor der Lieben Thüre,

Daß ich meine Kleinen noch beschenke.“

Und sie hielten vor der Lieben Thüre,

Und den armen Kindern gab sie Gaben;

Gab den Knaben goldgestickte Stiefel,

Gab den Mädchen lange reiche Kleider,

Und dem Säugling, hülflos in der Wiege,

Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.

Das beyseit sah Vater Asan Aga,

Rief gar traurig seinen lieben Kindern:

„Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen!

Eurer Mutter Brust ist Eisen worden,

Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen.“

Wie das hörte die Gemahlinn Asans,

Stürzt’ sie bleich den Boden schütternd nieder,

Und die Seel’ entfloh dem bangen Busen,

Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

Historisch überlieferte Fassungen

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Klaggesang von der edlen Frauen des Asan-Aga.

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Was ist weisses dort am grünen Walde?
Ist es Schnee wohl, oder sind es Schwäne?
Wär es Schnee da, wäre weggeschmolzen,
Wären's Schwäne, wären weggeflogen.
Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,
'S ist der Glanz der Zelten Asan Aga;
Niederliegt er drein an seiner Wunde.
Ihn besucht die Mutter und die Schwester,
Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen.
Als nun seine Wunde linder wurde,
Ließ er seinem treuen Weibe sagen:
"Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,
Nicht am Hofe, und nicht bei den Meinen!"
Als die Frau dies harte Wort vernommen,
Stand die treue starr und voller Schmerzen,
Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre,
Und es deucht ihr, Asan käm', ihr Gatte,
Springt zum Thurme, sich herab zu stürzen.
Aengstlich folgen ihr zwei liebe Töchter,
Rufen nach ihr, weinend bittre Thränen:
"Sind nicht unsers Vaters Asans Rosse!
Ist dein Bruder Pintorowich kommen."
Und es kehrt zurück die Gattin Asans,
Schlingt die Arme jammernd um den Bruder:
"Sieh die Schmach, o Bruder, deiner Schwester!
Mich verstossen! Mutter dieser Fünfe!"
Schweigt der Bruder und zieht aus der Tasche,
Eingehüllet in hochrothe Seide,
Ausgefertiget den Brief der Scheidung,
Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung,
Frei sich einem andern zu ergeben.
Als die Frau den Trauer-Scheidbrief sahe,
Küßte sie der beyden Knaben Stirne,
Küßt die Wangen ihrer beiden Mädchen.
Aber, ach! vom Säugling in der Wiege
Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reissen;
Reißt die los der ungestüme Bruder,
Hebt sie auf das muntre Roß behende,
Und so eilt er mit der bangen Frauen
Grad nach seines Vaters hoher Wohnung.
Kurze Zeit war's, noch nicht sieben Tage,
Kurze Zeit gnug, von viel grossen Herren
Liebe Frau in ihrer Wittwen Trauer,
Liebe Frau zum Weib begehret wurde.
Und der gröste war Imoskis Cadi.
Und die Frau bat weinend ihren Bruder:
"Ach, bei deinem Leben! bitt ich, Bruder:
Gib mich keinem andern mehr zur Frauen,
Daß das Wiedersehen meiner lieben
Armen Kinder mir das Herz nicht breche."
Ihre Reden achtet nicht der Bruder,
Fest Imoskis Cadi sie zu trauen.
Doch die Frau, sie bittet ihn unendlich:
"Schicke wenigstens ein Blat, o Bruder,
Mit den Worten zu Imoskis Cadi:
Dich begrüßt die junge Wittib freundlich,
Und läst durch dies Blat dich höchlich bitten,
Daß, wenn dich die Suaten her begleiten,
Du mir einen langen Schleier bringest,
Daß ich mich vor Asans Haus verhülle,
Meine lieben Waisen nicht zu sehen."
Kaum ersah der Cadi dieses Schreiben,
Als er seine Suaten alle sammelt,
Und zum Wege nach der Braut sich rüstet,
Mit dem Schleier, den sie heischte, tragend.
Glücklich kamen sie zur Fürstin Hause,
Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder;
Aber als sie Asans Wohnung nahten,
Sahn die Kinder oben ab die Mutter,
Riefen: "Komm zu deinen Kindern wieder.
Iß mit uns das Brod in deiner Halle!"
Traurig hört es die Gemahlin Asans,
Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:
"Bruder, laß die Suaten und die Pferde
Halten wenig vor der lieben Thüre,
Daß ich meine Kleinen noch beschenke."
Und sie hielten vor der lieben Thüre.
Und den armen Kindern gab sie Gaben,
Gab den Knaben goldgestickte Stiefel,
Gab den Mädchen lange reiche Kleider,
Und dem Säugling hülflos in der Wiegen
Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.
Das beiseit sah Vater Asan Aga,
Rief gar traurig seinen lieben Kindern:
"Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen,
Eurer Mutter Brust ist Eisen worden,
Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen!"
Wie das hörte die Gemahlin Asans,
Stürzt' sie bleich, den Boden schütternd, nieder,
Und die Seel' entfloh dem bangen Busen,
Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

Klaggesangvon deredeln Frauen des Asan Aga

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Was ist weißes dort am grünen Walde?
Ist es Schnee wohl, oder sind es Schwäne?
Wär’ es Schnee, er wäre weggeschmolzen;
Wären’s Schwäne, wären weggeflogen.
Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,
’s ist der Glanz der Zelten Asan Aga.
Niederliegt er drin an seiner Wunde;
Ihn besucht die Mutter und die Schwester;
Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen.
Als nun seine Wunde linder wurde,
Ließ er seinem treuen Weibe sagen:
„Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,
„Nicht am Hofe und nicht bey den Meinen.“
Als die Frau dieß harte Wort vernommen,
Stand die Treue starr und voller Schmerzen,
Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre,
Und es däucht ihr, Asan käm’, ihr Gatte,
Springt zum Thurme, sich herab zu stürzen.
Ängstlich folgen ihr zwey liebe Töchter,
Rufen nach ihr, weinend bittre Thränen:
„Sind nicht unsers Vaters Asans Rosse,
„Ist dein Bruder Pintorowich kommen!“
Und es kehret die Gemahlinn Asans,
Schlingt die Arme jammernd um den Bruder:
„Sieh die Schmach, o Bruder, deinerSchwester!
„Mich verstoßen! Mutter dieser fünfe!“
Schweigt der Bruder, ziehet aus der Tasche,
Eingehüllet in hochrothe Seide,
Ausgefertiget den Brief der Scheidung,
Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung,
Frey sicheinem sich einem andern zu ergeben.
Als die Frau den Trauer-Scheidbrief sahe,
Küßte sie der beyden Knaben Stirne,
Küßt’ die Wangen ihrer beyden Mädchen.
Aber ach! vom Säugling in der Wiege
Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reißen!
Reißt sie los der ungestüme Bruder,
Hebt sie auf das muntre Roß behende,
Und so eilt er mit der bangen Frauen
G’rad’ nach seines Vaters hoher Wohnung.
Kurze Zeit war’s, noch nicht sieben Tage;
Kurze Zeit g’nug; von viel großen Herren
Unsre Frau in ihrer Wittwen-Trauer,
Unsre Frau zum Weib begehret wurde.
Und der größte war Imoskis Cadi;
Und die Frau bath weinend ihren Bruder:
„Ich beschwöre dich bey deinem Leben,
„Gib mich keinem andern mehr zur Frauen,
„Daß das Wiedersehen meiner lieben
„Armen Kinder mir das Herz nicht breche.“
Ihre Reden achtet nicht der Bruder,
Fest, Imoskis Cadi sie zu trauen.
Doch die Gute bittet ihn unendlich:
Schicke wenigstens ein Blatt, o Bruder,
Mit den Worten zu Imoskis Cadi:
„Dich begrüßt die junge Wittib freundlich,
„Und läßt durch dieß Blatt dich höchlich bitten,
„Daß, wenn dich die Suaten herbegleiten,
„Du mir einen langen Schleyer bringest,
„Daß ich mich vor Asans Haus verhülle,
„Meine lieben Waisen nicht erblicke.“
Kaum ersah der Cadi dieses Schreiben,
Als er seine Suaten alle sammelt,
Und zum Wege nach der Braut sich rüstet,
Mit den Schleyer, den sie heischte, tragend , .
Glücklich kamen sie zur Fürstinn Hause,
Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder.
Aber als sie Asans Wohnung nah’ten,
Sah’n die Kinder oben ab die Mutter,
Riefen: „Komm zu deiner Halle wieder!
„Iß das Abendbrot mit deinen Kindern.“
Traurig hört’ es die Gemahlinn Asans,
Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:
„Laß doch, laß die Suaten und die Pferde
„Halten wenig vor der Lieben Thüre,
„Daß ich meine Kleinen noch beschenke.“
Und sie hielten vor der Lieben Thüre,
Und den armen Kindern gab sie Gaben;
Gab den Knaben goldgestickte Stiefel,
Gab den Mädchen lange reiche Kleider,
Und dem Säugling, hülflos in der Wiege,
Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.
Das beyseit sah Vater Asan Aga,
Rief gar traurig seinen lieben Kindern:
„Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen!
„Eurer Mutter Brust ist Eisen worden,
„Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen.“
Wie das hörte die Gemahlinn Asans,
Stürzt’ sie bleich den Boden schütternd nieder,
Und die Seel’ entfloh dem bangen Busen,
Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

Klaggesang Von der edlen Frauen des Asan Aga.

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Was ist weisses dort am grünen Walde?
Ist es Schnee wohl oder sind es Schwäne?
Wär es Schnee, da, wäre weggeschmolzen,
Wären's Schwäne, wären weggeflogen.
Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,
's ist der Glanz der Zelten Asan Aga,
Niederliegt er drinn drein an seiner Wunde.
Ihn besucht die Mutter und die Schwester
Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen.
Als nun seine Wunde linder wurde
Ließ er seinem treuen Weibe sagen:
„Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,
„Nicht am Hofe, und nicht bey den meinen.“
Als die Frau dies harte Wort vernommen,
Stand die Treue starr und voller Schmerzen.
Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre
Und es däucht ihr Asan käm ihr Gatte,
Springt zum Thuren sich herab zu stürzen.
Aengstlich folgen ihr zwei liebe Töchter
Rufen nach ihr weinend bittre Thränen:
„Sind nicht unsers Vaters Asans Rosse!
„Ist dein Bruder Pintorowich kommen.
Und es kehret zurück die Gemahlin Gattin Asans
Schlingt die Arme jammernd um den Bruder , :
„Sieh die Schmach o Bruder deiner Schwester!
„Mich Verstoßen! Mutter dieser fünfe!“
Schweigt der Bruder und zieht aus der Tasche
Eingehüllet in hochrothe Seide,
Ausgefertiget den Brief der Scheidung.
Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung
Frey sich einem andern zu ergeben.
Als die Frau den Trauer Scheidbrief sahe,
Küßte sie der beyden Knaben Stirne
Küßt die Wangen ihren beiden Mädchen.
Aber ach Vom Säugling in der Wiege
Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reissen,
Reißt sie los der ungestümme Bruder,
Hebt sie auf das muntre Ross behende,
Und so eilt er mit der bangen Frauen
Grad nach seines Vaters hoher Wohnung.
Kurze Zeit wars, noch nicht sieben Tage;
Kurze Zeit gnug, von viel grossen Herren
Die' liebe Frau in ihrer Wittwen Trauer
Die' liebe Frau zum Weib begehret wurde.
Und der größte war Imoskis Cadi.
Und die Frau bat weinend ihren Bruder
„„Ach bei deinem Leben! Dich beschwor bitt' ich Bruder
„Gieb mich keinem andern mehr zur Frauen
„Daß das Wiedersehen meiner lieben
„Armen Kinder mir das Herz nicht breche.“
Ihre Reden achtet nicht der Bruder,
Fest Imoskis Cadi sie zu trauen.
Doch die Frau, sie bittet ihn unendlich
Schicke wenigstens ein Blat o Bruder
Mit den Worten zu Imoskis Cadi:
„Dich begrüßt die junge Wittib freundlich
„Und läßt durch dies Blat dich höchlich bitten
„Daß wenn dich die Suaten her begleiten
„Du mir einen langen Schleier bringest
„Daß ich mich vor Asans Haus verhülle
„Meine lieben Waisen nicht ersehe zusehe .“
Kaum ersah der Cadi dieses Schreiben
Kaum ersah der Als er seine Suaten alle sammelt
Und zum Wege nach der Braut sich rüstet
Mit den Schleier, den sie heischte, tragend.
Glücklich kamen sie zur Fürstin Hause
Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder
Aber als sie Asans Wohnung nahten
Sahn die Kinder oben ab die Mutter
Riefen: „Komm zu deinen Kindern wieder
Iss mit uns das Abendbrod Brod in deiner Halle.“
Traurig hört es die Gemahlin Asans
Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:
Bruder lass die Suaten und die Pferde
Halten' wenig vor der Lieben Thüre,
„Daß ich meine Kleinen noch beschenke.“
Und sie hielten vor der lieben Thüre
Daß ich meine Kleinen noch beschenke
Und sie hielten Vor der lieben Thüre.
Und den armen Kindern gab sie Gaben
Gab den Knaben goldgestickte Stiefel
Gab den Mädchen lange reiche Kleider
Und dem Säugling hülflos in der Wiegen
Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.
Das beyseit sah Vater Asan Aga
Rief gar traurig seinen lieben Kindern:
„Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen
„Eurer Mutter Brust ist Eisen worden
„Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen.“
Wie das hörte die Gemahlin Asans
Stürzt sie bleich, den Boden schütternd, nieder,
Und die Seel entfloh dem bangen Busen,
Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

Klaggesang von der edlen Frauen des Asan Aga

Zur synoptischen Ansicht wechseln

Was ist weißes dort am grünen Walde?
Ist es Schnee wohl, oder sind es Schwäne?
Wär’ es Schnee, er wäre weggeschmolzen;
Wären’s Schwäne, wären weggeflogen.
Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne,
S’ ist der Glanz der Zelten Asan Aga.
Niederliegt er drinn an seiner Wunde
Ihn besucht die Mutter und die Schwester;
Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen.
Als nun seine Wunde linder wurde
Ließ er seinem treuen Weibe sagen:
„Harre mein nicht mehr an meinem Hofe,
„Nicht am Hofe und nicht bey den Meinen.“
Als die Frau dies harte Wort vernommen,
Stand die Treue starr und voller Schmerzen,
Hört der Pferde Stampfen vor der Thüre,
Und es däucht’ ihr, Asan käm’, ihr Gatte,
Springt zum Turen, sich herab zu stürzen.
Aengstlich folgen ihr zwey liebe Töchter,
Rufen nach ihr, weinend bittre Thränen:
„Sind nicht unsers Vaters Asans Rosse
„Ist dein Bruder Pintorowich kommen!“
Und es kehret die Gemahlinn Asans
Schlingt die Arme jammernd um den Bruder:
„Sieh die Schmach, o Bruder, deiner Schwester!“
„Mich verstossen verstoßen ! Mutter dieser fünfe!“
Schweigt der Bruder und zieht aus der Tasche,
Eingehüllet in hochrothe Seide,
Ausgefertiget den Brief der Scheidung,
Daß sie kehre zu der Mutter Wohnung
Frey sich einem andern zu ergeben.
Als die Frau den TrauerScheidbrief sahe,
Küßte sie der beyden Knaben Stirne,
Küßt’ die Wangen ihrer beyden Mädgen.
Aber ach! vom Säugling in der Wiege
Kann sie sich im bittern Schmerz nicht reissen!
Reißt sie los der ungestüme Bruder,
Hebt sie auf das muntre Roß behende,
Und so eilt er mit der bangen Frauen
Grad nach seines Vaters hoher Wohnung.
Kurze Zeit war’s, noch nicht sieben Tage;
Kurze Zeit gnug; von viel großen Herren
D’ liebe Unsre Frau in ihrer Wittwen Trauer
D’liebe Unsre Frau zum Weib begehret wurde.
Und der größte war Imoskis Cadi
Und die Frau bat weinend ihren Bruder
„Ich beschwöre dich bey deinem Leben
„Gieb mich keinem andern mehr zur Frauen,
„Daß das Wiedersehen meiner lieben
„Armen Kinder, mir das Herz nicht breche.“
Ihre Reden achtet nicht der Bruder,
Fest, Imoskis Cadi sie zu trauen.
Doch die Gute bittet ihn unendlich
Schicke wenigstens ein Blat o Bruder
Mit den Worten zu Imoskis Cadi:
„Dich begrüßt die junge Wittib freundlich
„Und läßt durch dies Blat dich höchlich bitten:
„Daß, wenn dich die Suaten herbegleiten
„Du mir einen langen Schleyer bringest,
„Daß ich mich vor Asans Haus verhülle
„Meine lieben Waisen nicht ersehe.“
Kaum ersah der Cadi dieses Schreiben
Als er seine Suaten alle sammelt
Und zum Weege Wege nach der Braut sich rüstet,
Mit den Schleyer, den sie heischte, tragend.
Glücklich kamen sie zur Fürstinn Hause,
Glücklich sie mit ihr vom Hause wieder.
Aber als sie Asans Wohnung nah'ten,
Sah’n die Kinder oben ab die Mutter
Riefen: „Komm zu deiner Halle wieder!
" Iss Iß das Abendbrot mit deinen Kindern“
Traurig hört’ es die Gemahlinn Asans,
Kehrete sich zu der Suaten Fürsten:
„Laß doch, laß die Suaten und die Pferde
„Halten wenig vor der Lieben Thüre,
„Daß ich meine Kleinen noch beschenke.“
Und sie hielten vor der Lieben Thüre,
Und den armen Kindern gab sie Gaben;
Gab den Knaben goldgestickte Stiefel,
Gab den Mädgen lange weiche Kleider,
Und dem Säugling hülflos in der Wiegen
Gab sie für die Zukunft auch ein Röckchen.
Das beyseit sah Vater Asan Aga,
Rief gar traurig seinen lieben Kindern:
„Kehrt zu mir, ihr lieben armen Kleinen!
„Eurer Mutter Brust ist Eisen worden,
„Fest verschlossen, kann nicht Mitleid fühlen.“
Wie das hörte die Gemahlinn Asans
Stürzt’ sie bleich, den Boden schütternd nieder,
Und die Seel’ entfloh dem bangen Busen
Als sie ihre Kinder vor sich fliehn sah.

Handschriften und Drucke

Sigle Titel Überlieferungsform
🚧 🚧 🚧 🚧
🚧 Hagen-Nr. 556 🚧 Druck
🚧 S 8 Goethe’s Schriften. Achte … Druck
🚧 Nachlass Herder, Kapsel XIV,109 Klaggesang von der edlen … Abschrift
🚧 GSA 25/W 2 Vermischte Gedichte, Zwey … 🚧

Kontexte

Relation Bezugsentität Quelle
verfasst von Johann Wolfgang Goethe Nachlass Herder, Kapsel XIV,109, GSA 25/W 2 , Hagen-Nr. 556, S 8
datiert auf 1774/75 Brüning/Henke 2025
überliefert in 2 Handschriften Nachlass Herder, Kapsel XIV,109, GSA 25/W 2
überliefert in 2 Drucken Hagen-Nr. 556, S 8
Teil von Vermischte Gedichte, Zweyte Sammlung GSA 25/W 2
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Süße Sorgen S 8
Nächster Nachbar in der Überlieferung Mahomets Gesang S 8, GSA 25/W 2