Liebebedürfniß

»Wer vernimmt mich? …«

Informationen zum Text

Art des Textes
Gedicht
Titel (normiert, vorläufig)
Liebebedürfniß
Gedichtanfang (normiert, vorläufig)
»Wer vernimmt mich? …«
Quelle der vorläufigen Titeldaten
WA I 2,92
Kennung in der Forschungsdatenbank so:fie
93404

Fassungen aus dem Bereich »Texte«

Liebebedürfniß

Wer vernimmt mich? ach! wem soll ich’s klagen?

Wer’s vernähme, würd’ er mich bedauern?

Ach! die Lippe, die so manche Freude

Sonst genossen hat und sonst gegeben,

Ist gespalten und sie schmerzt erbärmlich.

Und sie ist nicht etwa wund geworden,

Weil die Liebste mich zu wild ergriffen,

Hold mich angebissen, daß sie fester

Sich des Freunds versichernd ihn genösse:

Nein, das zarte Lippchen ist gesprungen,

Weil nun über Reif und Frost die Winde

Spitz und scharf und lieblos mir begegnen.

Und nun soll mir Saft der edeln Traube,

Mit dem Saft der Bienen, bey dem Feuer

Meines Herds vereinigt, Lind’rung schaffen.

Ach was will das helfen, mischt die Liebe

Nicht ein Tröpfchen ihres Balsams drunter?

Historisch überlieferte Fassungen

🚧

An den Geist des Johannes Secundus.

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Lieber, heiliger, groser Küsser,
Der du mirs in lechzend athmender
Seeligkeit fast vorgethan hast
Wem soll ihs klagen, klagt ich dirs nicht?
Dir dessen Lieder wie ein warmes Kissen
Heilender Kräuter mir unters Herz sich legten,
Das es aus dem krampfigen Starren
Erdetreiben klopfend sich erhohlte.
Ach wie klag ich dir‘s dass meine Lippe blutet,
Mir gespalten ist und erbärmlich schmerzt!
Ach gesprungen, nicht vom Biß der Holden
Die in voller rings umfangender Liebe
Mehr mögt haben von mir, und mögte mich ganzen
Ganz erküssen und fressen und was sie könnte.
Nicht gesprungen weil nach ihren Hauche
Meine Lippen unheilige Lüfte entweithen;
Ach gesprungen ist sie weil mit kalten
Ueberbeizenden Reif der Herbstwind angepackt.
Und da ist Traubensaft und der Saft der Bienen,
An meines Herdes treuen Feuer vereinigt,
Der soll mir helfen! warlich er hilft nicht!
Denn von der Liebe all heilendem
Gift Balsam ist kein Tröpfgen drunter.
Wer vernimmt mich? ach! wem soll ich’sklagen?
Wer’s vernähme, würd’ er mich bedauern?
Ach! die Lippe, die so manche Freude
Sonst genossen hat und sonst gegeben,
Ist gespalten und sie schmerzt erbärmlich.
Und sie ist nicht etwa wund geworden,
Weil die Liebste mich zu wild ergriffen,
Hold mich angebissen, daß sie fester
Sich des Freunds versichernd ihn genösse:
Nein, das zarte Lippchen ist gesprungen,
Weil nun über Reif und Frost die Winde
Spitz und scharf und lieblos mir begegnen.
Und nun soll mir Saft der edeln Traube,
Mit dem Saft der Bienen, bey dem Feuer
Meines Herds vereinigt, Lind’rung schaffen.
Ach was will das helfen, mischt die Liebe
Nicht ein Tröpfchen ihres Balsams drunter?

An den Geist des Johannes Secundus.

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Lieber heiliger großer Küßer
der du mirs in lechzend athmender
Seligkeit fast vorgethan hast,
wem sollt ichs klagen? Klagt ich dirs nicht
dir dessen Lieder wie ein warmes Kissen
heilender Kräuter mir unters Herz sich legten,
daß es aus dem krampfichten Starren
Erdetreibens klopfend sich erhohlte
Ach wie klag'ich dirs, daß meine Lippe blutet
mir gespalten ist und erbärmlich schmerzet
Ach gesprungen nicht vom Biß der Holden
die in voller rings umfangender Liebe
mehr möcht haben von mir und möchte mich ganzen
ganz erküßen und fressen und was sie könnte.
nicht gesprungen, weil nach ihrem Hauche
meine Lippen unheilige Lüfte entweihten
Ach gesprungen ist sie weil mich öden kalten
über beizenden Reif der Herbstwind anpackt.
und da ist Traubensaft und der Saft der Biene
an meines Herdes treuen Feuer vereinigt
der soll mir helfen! Wahrlich er hilft nicht
denn von der Liebe allheilendem
Giftbalsam ist kein Tropfchen drunter.
Wer vernimmt mich? ach wem soll ich's klagen?
Wer's vernähme würd er mich bedauern?
Ach die Lippe, die so manche Freude
Sonst genoßen hat und sonst gegeben,
Ach sie ist gespalten und sie schmerzt erbärmlich.
Und sie ist nicht etwa wund geworden
Weil die Liebste mich zu wild ergriffen,
Hold mich angebissen, daß sie fester
Sich des Freunds versichrend ihn genöße.
Nein das zarte Lippchen ist gesprungen
Weil nun über Reif und Frost die Winde
Spitz und scharf und liebloß mir begegnen.
Und nun soll mir Saft der edlen Traube
Mit dem Saft der Bienen, bey dem Feuer
Meines Heerds vereinigt, Lindrung schaffen.
Ach was will das helfen, mischt die Liebe
Nicht ein Tröpfchen ihres Balsams drunter?

Handschriften und Drucke

Sigle Titel Überlieferungsform
🚧 🚧 🚧 🚧
🚧 1 H.7 Sammlung von Gedichten un … Abschriften
🚧 S 8 Goethe’s Schriften. Achte … Druck
🚧 H.20 Gedichtsammlung, Abschrif … Abschrift
🚧 H.3 Vermischte Gedichte, Erst … Reinschrift

Kontexte

Relation Bezugsentität Quelle
verfasst von Johann Wolfgang Goethe 1 H.7, H.20, H.3 , S 8
hat Bezug zu Kräuter, Keilschen H.3
datiert auf 2. November 1776 Brüning/Henke 2025
überliefert in 3 Handschriften 1 H.7, H.20, H.3
überliefert in Druck S 8
Teil von Vermischte Gedichte, Erste Sammlung H.3
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Seefahrt 1 H.7
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Muth S 8, H.3
Vorheriger Nachbar in der Überlieferung Jägers Abendlied H.20
Nächster Nachbar in der Überlieferung Nachtgedanken 1 H.7
Nächster Nachbar in der Überlieferung Anliegen S 8
Nächster Nachbar in der Überlieferung Rastlose Liebe H.20
Nächster Nachbar in der Überlieferung Amor als Landschaftsmahler H.3